Kampagne 2014
Zwischen Juli und September 2014 hat ein Team aus über 60 internationalen Mitarbeitern unter der Leitung der Forschungsstelle die Forschungen im Heiligtum des Iuppiter Dolichenus in Doliche fortgesetzt. Möglich war dies in erster Linie dank der Unterstützung durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft DFG, die Zirve Universität, Gaziantep, die türkische Antikenverwaltung und die Stadtverwaltung von Sehitkamil, Gaziantep.
Die Grabungsarbeiten konzentrierten sich auf das mittlere Zentralplateau, wo sich das Zentrum des eisenzeitlichen und römischen Heiligtums befand, sowie auf das Vorplateau, den Vorplatz des Heiligtums, auf dem in nachantiker Zeit das Kloster des Hl. Salomon gegründet wurde.
Im Nordwesten des mittleren Zentralplateaus war zwischen 2006 und 2013 ein ca. 1000 qm großer Bereich freigelegt worden. Hier konnten erneut bedeutende Reste eisenzeitlicher, hellenistischer und römischer Bebauung freigelegt werden.
Freigelegt wurde die Nordwestecke der späteisenzeitlichen Umfassungsmauer. Dabei sind auch parallel laufende Fundamentmauern hellenistisch-römischer Zeit entdeckt worden, die sich mit den entsprechenden Befunden in den angrenzenden Schnitten verbinden lassen. Sie sind Teil der Umgestaltungen des Heiligtums seit dem 2. Jh. v. Chr.
Im Westen des Zentralplateaus ist es gelungen, einen Zugang zum Zentrum des Heiligtums anzuschneiden. Vom mit Basaltplatten gepflasterten Platz betrat man über eine Schwelle einen mit unregelmäßigen Kalksteinplatten bedeckten, offenbar überdachten Bereich, von dem aus eine Rampe oder Treppe zum Innersten des Heiligtums führte.
Allerdings zeigte sich auch, dass im Bereich des Zentralplateaus große Teile der neu angelegten Grabungsfläche durch neuzeitliche Gruben gestört waren. Ungestörte Bodenbefunde wurden daher kaum angetroffen. Lediglich unmittelbar über dem Fels sind an manchen Stellen Reste späteisenzeitlicher Schichten mit erneut zahlreichen Kleinfunden zu fassen. 2014 sind insgesamt 50 Stempel- und Rollsiegel entdeckt worden. Die Gesamtzahl der Siegel vom Dülük Baba Tepesi beträgt damit 660.
Erstmals seit 2003 wurden Flächen im Osten des Zentralplateaus und am Übergang von Zentral- zum Vorplateau untersucht. Dort ist der höchste Punkt des Gipfels, der Bodenauftrag ist entsprechend gering. Allerdings konnten in den umgelagerten Füllschichten wichtige Einzelfunde geborgen werden, etwa eine eisenzeitliche Stierfigurine aus Bronze oder eine byzantinische Gürtelschnalle des 7. Jh. n. Chr.
Nach Südosten, wo der anstehende Fels abfällt, waren dagegen Reste mittelalterlicher Bebauung erhalten. Dort ist ein rechteckiger Raum zu fassen, der hauptsächlich aus Spolien errichtet wurde und wohl Teil eines größeren Gebäudekomplexes ist. Der Bau sitzt auf dem Fels, der stufig abgearbeitet ist. Diese Abarbeitungen sind mit der Anlage des römischen Heiligtums zu verbinden.
Um die Frage nach der Begrenzung des Heiligtums nach Süden zu klären, wurde ein Schnitt in der Böschung, die das Zentralplateau nach Süden abschließt, angelegt. Dort wurde eine von Osten nach Westen verlaufende Mauer aus Kalksteinquadern freigelegt, gegen die eine weitere, von Norden nach Süden laufende Mauer stößt. Offenbar handelt es sich um einen Abschnitt der Temenosmauer. Für die Kenntnis des römischen Heiligtums ist dieses Ergebnis von großer Bedeutung.
Wie bereits in den letzten Jahren bildete der durch umfangreiche nachantike Bebauung geprägte Vorplatz des Heiligtums auf dem Vorplateau einen Arbeitsschwerpunkt. Dabei konzentrierten sich die Grabungsaktivitäten auf dessen nordöstlichen und südöstlichen Bereich, wo zum einen das byzantinische Kloster des Heiligen Salomon, zum anderen der Zugang und die Ummauerung des römischen Heiligtums im Fokus standen.
Im Norden steht die römische Temenosmauer noch bis zu drei Lagen hoch aufrecht. Sie ist auf der Nordseite des Platzes insgesamt auf einer Länge von 37 m nachgewiesen. Die Füllschichten am nördlichen Mauerfuß enthielten zahlreiches Keramikmaterial des 1. Jh. v. Chr. – 1. Jh. n. Chr., darunter viele Feinwaren.
An die Temenosmauer schließt sich nach Süden eine sorgfältig gelegte Pflasterung aus Kalksteinplatten an, die ebenfalls römerzeitlich datiert. Da es sich um eine Innenraumpflasterung handelt, ist eine Hallenarchitektur zu rekonstruieren, die sich an die Temenosmauer anlehnte. Darauf deuten auch Funde von dorischen Kapitellen und Gebälkteilen in diesem Bereich. Auf dem Pflaster wurden seit frühbyzantinischer Zeit Räume des Klosters gesetzt. Ihre Mauern sind sorgfältig aus lagigen Bruchsteinmauern errichtet. In unregelmäßigen Abständen sind große Spolien als Stützen eingebaut. Eine dieser Stützen war eine römerzeitliche Basaltstele, die das qualitätvolle Relief eines Vegetationsgottes zeigt. Die rätselhafte Darstellung ist bislang einmalig.
Eine mächtige, westöstlich verlaufende Bruchsteinmauer schließt den frühbyzantinischen Baukomplex nach Süden ab. Nach Süden schließen sich verschiedene Räume an, die aufgrund der abweichenden Niveaus von Fußböden und Fundamenten zu verschiedenen Bau- und Nutzungsphasen gehören müssen.
Fortgesetzt wurden auch die Grabungen an der Freitreppe, die den Zugang zum Heiligtum bildet. Es gelang, den oberen westlichen Abschnitt der südlichen Wangenmauer der dreiflügeligen Anlage freizulegen. Dabei zeigte sich auch, dass unterhalb der kaiserzeitlichen Toranlage ein älteres, verfülltes Bassin existiert, das teils in den Fels eingetieft, teils aufgemauert wurde. Es hat einen annähernd quadratischen Umriss mit einer Kantenlänge von wahrscheinlich ca. 6 m. Da es vom kaiserzeitlichen Plattenpflaster der Toranlage überdeckt wird, muss es bereits vor der Ausgestaltung des Vorplatzes existierte haben
Die Ausgrabung der Südostecke der Temenosmauer, deren unterste Lage im Vorjahr in Schnitt 09-19 entdeckt worden war, brachte einen rechteckigen Quaderbau ans Licht, dessen Mauern noch bis zu drei Lagen hoch erhalten. Der Bau hat eine Grundfläche von 4,78 m x 3,70 m. Es handelt sich wahrscheinlich um eine Eckbastion. Die Verfüllung deutet auf eine Entstehung im 1. Jh. n.Chr.
Kampagne 2013
Von August bis Oktober 2013 hat unter der Leitung der Forschungsstelle Asia Minor ein internationales Team die seit 2001 an diesem Ort andauernden Untersuchungen mit Erfolg fortgesetzt. Dank der finanziellen Unterstützung durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft, der Zirve Universität Gaziantep und weiterer türkischer Kooperationspartner konnten über 60 Mitarbeiter – Archäologen, Historiker, Architekten, Restauratoren, Archäozoologen, Geoinformatiker und Grabungshelfer – mit großem Einsatz die Erforschung dieses religionshistorisch bedeutenden Ortes vorantreiben.
Als besonders ergiebig erwies sich die Kampagne für die Frühzeit des Heiligtums. Ziel der Arbeiten dieses Jahres war es, diese Fläche mit einem in den Jahren 2004-2006 ausgegrabenen Areal im Südwesten des mittleren Zentralplateaus zu verbinden, um Zusammenhänge und Funktionen der jeweils freigelegten Bebauung besser verstehen zu können. Im Verlauf der Grabungsarbeiten konnten auf dem zentralen Gipfelplateau neben einem gut erhaltenen Abschnitt einer monumentalen eisenzeitlichen Umfassungsmauer auch weitere Teile von Bauten dieser Epoche freigelegt werden, die innerhalb der Umfriedung standen. Damit besteht in diesem Bereich die Aussicht, ein geschlossenes Bauensemble des frühen Heiligtums (8.-4. Jh. v. Chr.) freizulegen. Die neuen Ergebnisse differenzieren aber auch das Bild von der hellenistisch-römischen Bebauung in diesem Bereich.
Zwischen den Mauerzügen sind erneut umfangreiche Deponierungen von Opferabfällen entdeckt worden. Erwähnenswert sind erneut vor allem die zahlreichen eisenzeitlichen Kleinfunde, die als Votive dienten, etwa Fibeln und Siegel. Allein 100 Siegel sind während Kampagne 2013 entdeckt worden. Insgesamt geben die zahlreichen Fundstücke der Forschung neue Impulse, um offene Fragen zur Kultpraxis und zur bis vor kurzem noch unbekannten Frühgeschichte des Heiligtums im 1. Jahrtausend vor Christus zu beantworten. Aus den Füllschichten im Bereich des mittleren Zentralplateaus stammen auch mehrere Neufunde von Architekturteilen, die für unsere Kenntnis des römischen Heiligtums von großer Relevanz sind. Einen besonderen Fund kaiserzeitlicher Bauornamentik stellt in diesem Zusammenhang der vollständig erhaltene untere Teil eines korinthischen Kapitells dar.
Wie bereits in den letzten Jahren bildete der durch umfangreiche nachantike Bebauung geprägte Vorplatz des Heiligtums auf dem Vorplateau einen weiteren Arbeitsschwerpunkt. Dabei konzentrierten sich die Grabungsaktivitäten auf dessen nordöstlichen und südöstlichen Bereich, wo zum einen das byzantinische Kloster, zum anderen der Eingang und der Vorplatz des römischen Heiligtums im Fokus standen. Ziel der diesjährigen Grabung im Nordosten des Vorplateaus war es, die architektonische Gestaltung des kaiserzeitlichen Heiligtums weiter zu erschließen. Neben der Untersuchung der Temenosmauer galt es, Hinweise auf die hellenistisch-kaiserzeitliche Bebauung innerhalb des umfriedeten Vorhofs zu finden. Gleichzeitig sollten die großflächigen Freilegungen des Klosterbereichs zur Klärung seiner baulichen Konzeption und Funktion fortgesetzt werden.
Im Norden des Vorplateaus steht die römische Temenosmauer noch bis zu drei Lagen hoch aufrecht. Sie ist aktuell auf der Nordseite des Platzes auf einer Länge von 32m nachgewiesen. Daran schließt sich nach Süden eine sorgfältig gelegte Pflasterung aus Kalksteinplatten an, die ebenfalls römerzeitlich datiert. Die Pflasterung ist allerdings im weiteren Verlauf nach Süden durch einen in frühbyzantinischer Zeit errichteten Raum zerstört. Es handelt sich um einen weitläufigen rechteckigen Raum, der von doppelten Mauern umgeben ist. Die Verdopplung weist auf den nachträglichen Bau eines zweiten Stockwerks.
Der Raum öffnet sich nach Westen zur in den Vorjahren ausgegrabenen Raumflucht. Nach Süden gibt es eine weitere, deutlich breitere Öffnung auf einen Hofbereich, in dem Teile des römischen Pflasters aus Basaltplatten mit späteren Flickungen zu fassen sind. In diesem Bereich gehören mehrere Bruchsteinmauern einem späteren Bauhorizont an. Eine funktionale Bestimmung dieser Baustrukturen ist angesichts der nur partiellen Freilegung noch nicht möglich.
In der Böschung, die von der Ostterrasse zum Vorplateau aufsteigt, sind seit 2010 Teile der Freitreppe, die den Zugang zum Heiligtum bildet, ausgegraben worden. Zur weiteren Klärung dieses Befundes und zur Untersuchung der sich anschließenden Tor- und Platzanlage wurden weitere Schnitte nach Süden und Westen angelegt. Sie umfassen eine Fläche von etwa 115 qm. Ein wichtiges Resultat ist die Entdeckung eines seitlichen Abschnitts des römischen Treppenaufgangs. Insgesamt 5 Basaltstufen steigen von Süden her in rechtem Winkel zur Hauptflucht der Treppe an. Damit ist die gesamte Anlage als dreiseitig umlaufende Freitreppe zu rekonstruieren. Beim Abtrag der Füllschicht unterhalb der Treppe fand sich ein gut erhaltener Rundaltar für den Gott Turmasgad, der in das 2. Jahrhundert n. Chr. datiert.
Oberhalb der Treppe sind die Umfassungsmauer und die Toranlage durch Steinraub stark zerstört. Es ist jedoch gelungen, große Teile der Pflasterung und zahlreiche architektonische Details, die in Zukunft eine Rekonstruktion der Anlage ermöglichen werden, aufzudecken. Unterhalb der kaiserzeitlichen Anlage sind zudem Reste älterer, abweichend orientierter Bebauung entdeckt worden, die bereits vor der Schaffung des Vorplatzes hier existierte. Es konnten zudem Mauern der nachantiken Neubebauung freigelegt werden, die, wie bereits 2010 und 2011 festgestellt wurde, auf die Treppenanlage Bezug nimmt.
Zum Schutz von Altschnitten sowie von neu ausgegrabenen Schnitten sind umfangreiche Konservierungsmaßnahmen vorgenommen worden. Im Bereich der Steinkonservierung sind in Kooperation mit der Universität Oxford zum einen Testreihen durchgeführt worden, zum anderen wurde begonnen, die hellenistisch-römischen Fundamente im Nordwesten des mittleren Zentralplateaus zu festigen sowie Risse und Fehlstellen zu beseitigen. Parallel dazu hat ein zweites Team von Konservatoren an der Stabilisierung und Flickung der Bruch- und Lesesteinmauern gearbeitet. Der Schwerpunkt lag dabei im Bereich des mittelalterlichen Klosters, wo parallel zu den diesjährigen Grabungsarbeiten auch sämtliche neu freigelegten Mauern optimal konserviert wurden.
Um die Attraktivität des Grabungsgeländes für Besucher zu erhöhen, ist das 2012 entwickelte touristische Nutzungskonzept für den Dülük Baba Tepesi weiter umgesetzt worden. Ein Besucherweg wurde angelegt, der zu den zentralen Bereichen der Grabung führt. Zusätzlich ist am Eingang zum Grabungsgelände ein Autoparkbereich angelegt worden.
Kampagne 2012
Entsprechend den Vorgaben der türkischen Antikendirektion sind 2012 keine neuen Flächen archäologisch untersucht worden. Stattdessen wurde die zweimonatige Kampagne dazu genutzt, die bislang freigelegten Areale zu sichern und zu schützen. In einem ersten Schritt wurden sämtliche Schnitte gesäubert und alle Profile begradigt.
Das notwendige Beseitigen der in die Schnitte gerutschten Erde führte dazu, dass in geringem Umfang neue Funde ans Licht kamen. Wieder einmal erstaunlich dabei war die Menge späteisenzeitlicher Kleinfunde – vor allem Perlen, Siegel und Fibeln. Daneben sind vor allem verschiedene Funde der römischen Zeit, etwa Inschriften- und Skulpturenfragmente hervorzuheben, die neue Hinweise auf die Entwicklung und Ausstattung des Heiligtums geben werden. Parallel ist der gesamte Gipfelbereich des Dülük Baba Tepesi gereinigt und von Bewuchs befreit worden.
Gleichzeitig wurden Konzepte zum nachhaltigen Schutz der freigelegten Bauten entwickelt. Hier bestand akuter Handlungsbedarf, da aufgrund der Witterungsverhältnisse und der geringen Festigkeit des verbauten Kalksteins Schäden am Mauerwerk entgegengewirkt werden muss. Bereits während der Kampagne hat eine örtliche Restaurierungsfirma begonnen, dringend notwendige Konservierungsmaßnahmen im Bereich des mittelalterlichen Klosters durchzuführen. Mauerfugen wurden ausgebessert, instabile Mauern verstärkt, geborstene Steine geklebt und brüchige Bereiche gefestigt. Um eine Ausweitung dieser Sicherungsmaßnahmen im nächsten Jahr fachgerecht durchführen zu können sind zudem Materialanalysen in Auftrag gegeben worden. Zudem wurde eine Studie der über das Jahr wirksamen lokalen Umwelteinflüsse begonnen. Zum kurzfristigen Schutz sind vor Ende der Kampagne alle Grabungsflächen mit Geotextil abgedeckt worden.
Neben den Konservierungsmaßnahmen ist die Kampagne intensiv zur Fundbearbeitung und Kleinfundrestaurierung genutzt worden. Bislang weniger beachtete Fundgattungen wie Marmor- und Eisenfunde sind systematisch erfasst worden. Ein wichtiger Schritt war zudem die Erweiterung und Neuordnung der Funddepots.
Daneben bildete die Bauaufnahme einen bedeutenden Arbeitsschwerpunkt. Neben der Vervollständigung und Bereinigung des Gesamtplans wurden verschiedene Methoden der photogrammetrischen Aufnahme getestet. Besonders erfolgreich war hierbei der Einsatz eines Quadrocopters mit 3D-Kamera.
Zur Erschließung des Grabungsgeländes für den Tourismus ist ein Besucherrundgang konzipiert worden. Verschiedene Hinweisschilder mit Erläuterungen und Bildmaterial informieren im Gelände über die Grabung und ihre Ergebnisse
Kampagne 2011
Die Arbeiten der Kampagne 2011 konzentrierten sich auf das Zentrum des Gipfelplateaus und das vorgelagerte quadratische Feld, das den Vorhof des Heiligtums bildete. Auf dem Gipfelplateau war es bis 2010 gelungen, das Zentrum sowohl des eisenzeitlichen als auch des hellenistisch-römischen Heiligtums zu lokalisieren. Hier waren substantielle eisenzeitliche Bauschichten sowie bedeutende Fundkomplexe dieser Epoche entdeckt worden. Die frühen Bauschichten wurden später in weitläufige Fundamente der hellenistisch-römischen Zeit eingebunden.
Schnitt 11-01 erweitert das bestehende Grabungsareal in der Mitte des Plateaus nach Süden. Als jüngster Baubefund wurde im Südwesten des Schnitts ein Teil eines mittelalterlichen Gebäudes angeschnitten, dessen Bruchsteinmauern noch bis zu 1,20 m hoch erhalten sind. Reiche Keramikfunde zeigen, dass dieser Bau möglicherweise noch bis in die mamlukische Zeit genutzt wurde.
Das Zentrum des Schnitts wird dominiert von einem großen U-förmigen Fundament aus Kalksteinquadern. Innerhalb des Fundaments ist ein Abschnitt der zweischaligen Umfassungsmauer des späteisenzeitlichen Heiligtums erhalten, deren Nord-Süd-Erstreckung damit auf bislang 30 m nachgewiesen ist. Hier konnte ein Fragment eines großformatigen Basaltbeckens mit Stierkopfprotome und Resten einer alt-aramäischen Inschrift aus dem 9. Jh. v. Chr. geborgen werden.
Das Quaderfundament bindet in die bereits freigelegten Fundamentzüge der hellenistisch-römischen Epoche ein, die in den nördlich angrenzenden Schnitten freigelegt wurden. Nach Süden setzt es sich unterhalb des mittelalterlichen Gebäudes weiter fort. Insgesamt schließen sich die diversen Mauerzüge, die teilweise auch die eisenzeitliche Vorgängerbebauung einbeziehen, zum größten bislang auf dem Dülük Baba Tepesi bekannten Bau zusammen. Seine Funktion und Gestalt sind aber nach wie vor unklar, nicht zuletzt da im Norden und Osten Teile des Baus in der Nachantike vollständig abgetragen wurden. Nach Westen schließt sich eine auf großer Fläche gut erhaltene Pflasterung aus polygonalen Kalksteinplatten an.
Obwohl nur in begrenztem Umfang ungestörte Kulturschichten angetroffen wurden, konnten in den verschiedenen Füllschichten bedeutende Einzelfunde geborgen werden, darunter eine eisenzeitliche Bronzestatuette eines Hirschkalbs sowie Stempel- und Rollsiegel, aber auch ein frühmittelalterlicher Siegelabdruck, der auf ein Klosterarchiv hindeutet.
In Schnitt 11-02 im östlichen Gipfelplateau zeigte sich unter einem neuzeitlichen Schutthorizont die Fortsetzung des bereits im Vorjahr angeschnittenen römerzeitlichen Quaderfundamentes. Insgesamt ist in langrechteckiges Fundament mit einer Nord-Süd-Ausdehnung von ca. 17,4 m zu fassen. Im Norden gehen zwei parallele Fundamentzüge nach Westen ab. Zwischen ihnen liegt eine mächtige Schuttschicht, die bis auf den Fels herabreicht. Aus ihr stammen gleichwohl wichtige Funde, so zwei griechische Weihinschriften für den Gott von Doliche, ein Bronzeblech mit einer lateinischen Weihung an Iuppiter Dolichenus oder ein Fragment einer Stierstatuette aus Basalt.
In das Quaderfundament eingebunden ist eine gewaltige zweischalige, ost-west-orientierte Bruchsteinmauer, von der bereits 2010 die Nordseite entdeckt wurde. Die bis jetzt ermittelte Gesamtlänge beträgt ca. 7 m, die Breite von ca. 2,5 m besitzt geradezu fortifikatorischen Charakter. Die Bauweise der Mauer sowie stratigraphische Beobachtungen datieren sie in die späte Eisenzeit. Südlich der Bruchsteinmauer ist eine komplexe Schichtenabfolge zu fassen. Bedeutsam ist die Existenz einer Reihe älterer eisenzeitlicher Befunde. Die jüngeren Schichten datieren in frühbyzantinische und frühislamische Zeit.
Eine Sondage zur Klärung der Stratigraphie südlich von 11-02 ergab, dass zur Mitte des Zentralplateaus hin der Fels sehr hoch ansteht, so dass hier fast nur noch neuzeitliche Füllschichten erhalten sind. In der Schnittmitte wurde jedoch die Öffnung einer Zisterne angeschnitten. Die oberen Schichten ihrer Verfüllung enthalten eisenzeitliche Keramik im Sinne eines geschlossenen Fundinventars, was eine Datierung in die vorhellenistische Zeit möglich macht.
Im Norden des dem Zentralplateau vorgelagerten quadratischen Feldes sind in Schnitt 11-03 die gut erhaltene frühmittelalterliche Bebauung und die Temenosmauer des kaiserzeitlichen Heiligtums weiter untersucht worden. Im ganzen Schnitt war zunächst eine sehr mächtige Schuttschicht zu fassen, die zahlreiche antike Bauglieder enthielt. Von herausragender Bedeutung ist dabei das Fragment einer Basaltstele des 9. Jh. v. Chr. mit Relief einer Göttin auf der Vorderseite und hieroglyphen-luwischer Inschrift auf der Rückseite. Der Wert dieses Fundes für die Geschichte des Kultes des Iuppiter Dolichenus kann nicht überschätzt werden und eröffnet ganz neue Perspektiven für zukünftige Arbeiten.
Eingetieft in die Schuttschicht waren beigabenlose Bestattungen in Steinkistengräbern, die in die letzte Phase der Nutzung des Gipfels nach Aufgabe des Klosters gehören. Darunter ist im gesamten Schnitt frühmittelalterliche Bebauung aus Spolien- und Bruchsteinmauern, die zum frühmittelalterlichen Kloster des Hl. Salomon gehört, gut erhalten. Insgesamt konnten mehrere Raumeinheiten ganz oder teilweise freigelegt werden. Besonders interessant ist ein Wirtschaftsraum mit großem Backofen und einem Herd. Unter einer Brandschuttschicht, die aus der abschließenden Zerstörung des Raums durch Feuer resultiert, zeigte sich die Ausstattung noch in situ erhalten, darunter eine Handmühle aus Basalt, der Aufsatz eines Brotschiebers sowie ein kegelförmiger Brotstempel mit Kreuzmotiv im Backbereich, sowie verschiedene Ton-, Glas- und Metallgeräte vor dem Herd.
Nach Osten schließt sich ein weiterer Raum an, der bereits 2010 weitgehend ausgegraben wurde. Seine südwestliche Ecke wurde mit Spolienblöcken abgemauert, um Vorratsgefäße zu lagern. Nach Norden schließt sich ein Treppenhaus an, über das ein heute verlorenes 2. Stockwerk erreicht werden konnte.
Aus römischer Zeit stammen die Reste der Terrassen- und Umfassungsmauer des Heiligtumsvorplatzes, die auch noch dem Kloster als Begrenzung diente. Sie ist hier auf einer Länge von insgesamt 23,5 m nachgewiesen. Ein vollständiges dorisches Kapitell sowie eine Vielzahl kleinteiliger Fragmente weisen aufgrund ihrer ausschließlichen Konzentration in diesem Bereich auf eine Hallenarchitektur hin, die die Platzanlage möglicherweise einfasste. Überhaupt hat sich die Auswertung der als Spolien verbauten Bauglieder erneut als sehr aufschlussreich für die Baugeschichte des Heiligtums erwiesen.
2010 war an der Ostflanke des Vorplatzes eine Treppenanlage aus Basaltstufen angeschnitten worden. In diesem Jahr ist sie vollständig freigelegt und ihr Umfeld untersucht worden. Dabei zeigte sich, dass die Treppe nach Norden unvermittelt abbricht, ohne dass ein Abschlusserhalten ist. Die Frage nach der ursprünglichen Breite der Treppenanlage muss daher zunächst offen bleiben. Auffällig ist, dass die in nachantiker Zeit einsetzende Neubebauung, die mit dem Kloster des Hl. Salomon in Verbindung zu setzen ist, auf die Treppenanlage Bezug nimmt und sie in die Neugestaltung einbezieht. Oberhalb der Treppe ist von der einstigen Toranlage nur noch eine Ausbruchgrube erhalten. An diese schließt sich nach Westen eine regelmäßige Pflasterung aus großformatigen Kalksteinplatten an, von der weiter südlich bereits 2009 ein Ausschnitt erfasst worden war. Zu den herausragenden Funden aus Schnitt 11-04 gehört vor allem eine sehr gut erhaltene syrische Inschrift aus dem Jahr 807/8 mit wichtigen Informationen zur nachantiken Nutzungsphase des Ortes.
Die Arbeiten des Jahres 2010 – Eine Kurzzusammenfassung
Erneut hat sich gezeigt, dass der Dülük Baba Tepesi von der ersten Hälfte des 1. Jts. v. Chr. bis in das Mittelalter hinein ein wichtiges religiöses Zentrum war. Vor allem konnten neue Ausschnitte der komplexen eisenzeitlichen Bebbauung freigelegt werden. Die neuen Befunde und Funde unterstreichen, dass das Heiligtum unter persischer Herrschaft, vom 6.–4. Jh. v. Chr., von einiger Bedeutung war. Durch die Arbeiten dieses Jahres zeichnet sich aber auch ab, dass die Anfänge des Heiligtums bis ins 9./8. Jh. v. Chr. zurückreichen. Hervorzuheben sind erneut die außergewöhnlich reichen Funde von vorwiegend späteisenzeitlichen Stempel- und Rollsiegeln, Skarabäen, Fibeln und Perlen, die als Weihgaben anzusehen sind. Insgesamt sind auf dem Dülük Baba Tepesi inzwischen 476 Stempel- und Rollsiegel sowie über 2350 Perlen geborgen worden. Dieser Fundkomplex zählt zu den größten Siegelkonvoluten aus regulären Ausgrabungen überhaupt.
Für die römische Zeit, als der Gott von Doliche im gesamten Imperium Romanum verehrt wurde, konnten vor allem im Feld E wichtige neue Erkenntnisse gewonnen werden. Dieses Feld, vom Zentralplateau durch einen Geländeabsatz getrennt und zu den übrigen Seiten durch steile Böschungen begrenzt, ist seit Beginn der Arbeiten auf dem Dülük Baba Tepesi Gegenstand von Untersuchungen gewesen. Seine Gestalt führte zu der Vermutung, dass es sich um eine durch Terrassen- bzw. Umfassungsmauern begrenzte Platzanlage handelte. Teile dieser Mauern sind in diesem Jahr an verschiedenen Stellen freigelegt worden, was bestätigt, dass das Feld E in der Tat mit einem ersten Hof des Heiligtums identisch ist. Von besonderer Relevanz ist die Entdeckung des noch gut erhaltenen Eingangs zum Hof. Es handelt sich um eine Freitreppe aus Basalt, die allerdings erst zu einem Teil freigelegt werden konnte. Die offenen Bereiche waren mit einem Pflaster aus polygonalen Basaltplatten bedeckt, von dem allerdings nur noch wenige Reste erhalten sind.
Neue Strukturen aus hellenistisch-römischer Zeit sind im Zentrum des Gipfelplateaus freigelegt worden. Da es sich um Fundamente handelt und zugehörige Schichten meist fehlen, wird eine präzise Funktionsbestimmung aber erst nach einer vollständigen Freilegung möglich sein. Ein weitläufiges Fundament eines Großbaus der hellenistisch-römischen Zeit lässt sich allerdings unter Vorbehalt als dem Haupttempel zugehörig ansprechen. Angesichts der schlechten Erhaltung hellenistisch-römischer Bauschichten kommt Funden von Spolien in nachantiken Mauern für Aussagen zur Gestaltung und Entwicklung des Heiligtums eine besondere Bedeutung zu. Einige wenige Architekturteile sind sogar dem Tempel selbst zuzuordnen und ermöglichen eine Teilrekonstruktion seines Aufrisses.
Wie in den vergangenen Jahren stammen besonders viele Funde aus der letzten Phase der intensiven Nutzung des Gipfels im christlichen Mittelalter. Das Zentrum bildete das quadratische Feld der ersten Hofanlage. Im Norden und Westen dieses Feldes massiert sich die Bebauung. Inzwischen sind hier zahlreiche Raumeinheiten eines großen Gebäudekomplexes freigelegt, der zu Wohn- und Wirtschaftszwecken genutzt wurde. Dagegen waren das Zentrum und der Süden des Hofes im Mittelalter offenbar weitgehend mit wieder verwendeten Basaltplatten gepflastert worden. Der ehemalige Eingang zum Heiligtum wurde, wie Flickungen und Umbauten zeigen, weiter benutzt. Der Fund einer syrischen Inschrift bestätigt die These, dass diese Bauten Teil des Klosters Mar Salomon sind, das bislang nur aus Schriftquellen bekannt war.
Somit sind insgesamt zahlreiche neue und wichtige Hinweise auf die Geschichte des Ortes und der Region von der Eisenzeit bis in die byzantinische Epoche gewonnen worden. Daraus ergeben sich viel versprechende Perspektiven für die Fortführung der Arbeiten im nächsten Jahr.