StartseiteSchwerpunkteRömisches Stadtzentrum

Römisches Stadtzentrum

Auf einem weitläufigen Plateau im Osten des Stadthügels zeigten die Ergebnisse der geophysikalischen Prospektionen eine dichte Bebauung, die sich an einem orthogonalen Raster orientiert. Die Dimensionen der Bebauung ließen vermuten, dass sich hier das öffentliche Zentrum der Stadt befand. Die Ergebnisse der Grabungen bestätigten dies. So konnten eine öffentliche Badeanlage, das Stadtarchiv und ein großer Tempel identifiziert und untersucht werden.

Die Ausgrabungen konzentrierten sich zunächst auf das römische Bad. Im Zentrum liegt eine langrechteckige Halle, an die sich im Osten und Süden der Badeblock anschließt. Im Nordosten befindet sich das 160m2 große Frigidarium mit einem Kaltwasserschwimmbecken, das von einer Kolonnade und einem Korridor mit Mosaikboden umgeben ist.

Die Mosaiken haben gute Parallelen u. a. im benachbarten Zeugma und belegen eine Entstehungszeit im 2. Jh. n. Chr. Nach Süden schließen sich die beheizten Räume, Tepidarium und Caldarium, an. Mehrere unter den Fußböden laufende Abwasserkanäle geben Aufschluss über das Wassermanagement. 

Das Dolichener Bad belegt die Übernahme römischer Badesitten, wie dies auch in anderen Regionen des Nahen Ostens der Fall ist, und zeigt, wie römische Vorstellungen von Stadt und Stadtkultur das Leben Doliches im 2. und 3. Jh. n. Chr. prägten. Die Thermen zeugen generell von der Monumentalisierung der Stadt und der Verwendung von Materialien und Techniken, die erst mit der römischen Herrschaft in Syrien Einzug hielten. Wertvoll ist die Thermenanlage auch deshalb, weil sie den kaiserzeitlichen Zustand ohne spätantike Ausbaumaßnahmen zeigt. Trotz ihrer rudimentären Erhaltung leistet die Anlage daher einen wichtigen Beitrag zur Kenntnis des Badewesens im kaiserzeitlichen Syrien.

Östlich der Badeanlage wurde das Stadtarchiv von Doliche lokalisiert und teilweise ausgegraben. Der Fokus liegt auf einem großen langrechteckigen Raum, in dessen mächtigen Füllschichten bislang ca. 8.000 Urkundenverschlüsse aus Ton geborgen wurden.

Ausweislich der Urkundenverschlüsse war das Archiv von der späthellenistischen Zeit bis in die Mitte des 3. Jh. n. Chr. in Benutzung. Bei dem Konvolut von Urkundenverschlüssen handelt es sich um einen der größten geschlossenen Fundkomplexe dieser Art aus der Antike. Seine komplexe Bilderwelt erlaubt nicht nur Einblicke in die städtische Administration, sondern auch in die religiöse und kulturelle Umwelt Doliches.

Als 2021 nach geophysikalischen Prospektionen Suchschnitte westlich der Badeanlage angelegt wurden, um den städtebaulichen Kontext der Badeanlage besser zu verstehen, konnten die dort angetroffenen Strukturen als Tempel der römischen Kaiserzeit interpretiert werden.

Diese Vermutung wurde inzwischen durch Ausgrabungen bestätigt. Es handelt sich um einen monumentalen Tempel, ca. 60 x 40 m groß, der sich durch seine besondere Architektur auszeichnet. So endet er im Westen in einer Apsis, die von zwei Nebenräumen flankiert wird.

Die Cella des Tempels wird durch innere Säulenstellungen in drei Schiffe unterteilt, die Seitenschiffe waren mit Mosaikböden ausgeschmückt. Der Tempel datiert in das 2. Jh. n. Chr., womöglich handelt es sich um einen Tempel für den Kaiserkult.

Alle drei Bauten wurden im Zuge der persischen Invasion 253 n. Chr. zerstört. Stattdessen fand im Laufe des 4. Jh. n. Chr. eine systematische Plünderung statt. Im Zusammenhang damit steht ein großer, sehr gut erhaltener Kalkbrennofen, der östlich der Badeanlage entdeckt wurde.

Auf die Existenz von Brennöfen für Metall deuten Sammelfunde von Altmetall, zahlreiche Fragmente von Bronzestatuen und Schlacken. Das ehemalige Stadtzentrum wurde somit in der Spätantike in eine industrielle Zone verwandelt, die dem Recycling und Upcycling von Materialien gewidmet war.