Die Grabungsarbeiten des Jahres 2019 konzentrierten sich wie im Vorjahr auf zwei Areale im Stadtgebiet, zum einen auf den Südhang, zum anderen auf das Ostplateau des Keber Tepe. Zudem wurde ein intensiver Survey fortgesetzt, um die Ausdehnung der Stadt zu bestimmen und den Charakter der Bebauung zu klären. Hinzu kamen geophysikalische Prospektionen.
Grabungen am Südhang des Keber Tepe: Die Hangkirche und eine Schmiede
Am Südhang des Keber Tepe waren 2015 und 2017 Teile einer dreischiffigen frühchristlichen Basilika ausgegraben worden, deren weitere Erforschung im Zentrum der Arbeiten des Jahres 2019 stand. Zwei große Schnitte wurden angelegt, um die bereits freigelegte Fläche nach Osten zu erweitern. Ziel war es, das Mittelschiff und die Seitenschiffe bis zur Apsis sowie Teile der Apsis selbst zu untersuchen. Analog zu den Ergebnissen der Vorjahre variierte die Erhaltung des Kirchenbaus stark. Trotzdem war es möglich, weitreichende Erkenntnisse über die Gestalt und Chronologie der Kirche zu gewinnen. Freigelegt wurde der östliche Abschluss des Mittelschiffs. Der Boden ist wie erwartet mit demselben Mosaik bedeckt welches schon 2015 und 2017 weiter im Westen des Mittelschiffes freigelegt wurde. Im Süden des Baus sind über das Mittelschiff hinaus Teile des Altarraums freigelegt worden. Zwar ist gerade dieser Bereich durch Steinraub und Raubgrabungen stark gestört worden, dennoch lässt der Befund wichtige Rückschlüsse auf die Baugeschichte der Kirche zu. Unterscheiden lassen sich mindestens drei Ausbauphasen.
Phase 1 (späteres 4. Jh. Chr.): Mittelschiff und Altarraum waren lediglich durch eine Stufe getrennt. Dahinter schloss sich ein weiteres Mosaik an, das den Raum bis zum Ansatz der Apsis bedeckte, wo es eine weitere Stufe gegeben zu haben scheint. Die späteren Umbauten lassen genaue Schlüsse auf die Ausgestaltung der Apsis allerdings bislang nicht zu.
Phase 2 (späteres 4. Jh. n. Chr.): Wahrscheinlich gleichzeitig mit dem Einbringen eines neuen Mosaikbodens im Mittelschiff wurde der Altarraum erhöht, indem zwei Reihen großformatiger Kalksteinplatten über das Mosaik im Chorbereich gelegt wurden. Bis auf einen zentralen Durchgang war der Altarbereich abgeschrankt. Es gibt keine Hinweise auf die Gestaltung der Aspis in dieser Phase.
Phase 3 (6. Jh. n. Chr.?): Der Altarbereich wurde erneut beträchtlich angehoben und lag nun 0,7 m über dem Boden des Mittelschiffs. Zwei neue Stufenreihen aus Spolien ermöglichten den Zugang. Die Apsis wurde mit einem neuen Mosaik ausgeschmückt. Der Chorbereich scheint hingegen mit Marmorplatten ausgelegt gewesen zu sein. In der südlichen Apsismauer wurden Spolien verbaut, um eine neue Türschwelle zu schaffen, die den Zugang zum Apsisnebenraum gewährte.
Im östlichen Bereich des nördlichen Seitenschiffs ist der Mosaikboden der ersten Ausstattungsphase der Kirche gut erhalten. Bemerkenswert ist ein Wasserkanal, der parallel zum Stylobat, der Säulenstellung die Seitenschiff und Mittelschiff trennt, verläuft und zur originalen Ausstattung zu gehören scheint. Er endet in einem in den Boden eingelassenen rechteckigen Becken unmittelbar vor der später eingezogenen Quadermauer. Zu fragen ist, ob diese Wasserinstallation kultischen Zwecken diente. Eine neben dem Becken auf Kopf stehende Säulenbasis diente offenbar als Tisch. In einer letzten Umbauphase wurde auch in diesem Bereich die Säulenstellung zum Mittelschiff zugesetzt, wobei wahrscheinlich eine Tür weiterhin eine Verbindung ermöglichte. Gut zu fassen ist im nördlichen Seitenschiff ein Zerstörungshorizont aus tausenden Dachziegelfragmenten. Zudem sind zahlreiche Fragmente von Glaslampen und Fensterglas gefunden worden. Die Funde datieren die finale Zerstörung und Auflassung der Kirche in das 7. Jh. n. Chr.
Vom südlichen Seitenschiff sind wegen der Nähe zur Oberfläche nur geringe Reste erhalten. Nach Osten, wo das Gelände deutlich ansteigt, verbessert sich der Erhaltungszustand allerdings. Hier konnten Teile des Apsisnebenraums freigelegt werden. Er ist breiter als das Seitenschiff und mit einem einfachen Mosaik ausgelegt. Der Raum öffnet sich zum Seitenschiff, lediglich ein zentraler Pfeiler markierte den Übergang. Angesichts der hervorragenden Qualität der weiter westlich erhaltenen Fragmente der Mosaikausstattung des Seitenschiffs überrascht die schlichte Ausschmückung des wichtigen Apsisnebenraums. Naheliegend ist, eine späte Umbauphase zu vermuten.
In einem Suchschnitt am Hang oberhalb der Kirche waren 2015 Ausschnitte zweier Räume eines Gebäudes frühbyzantinischer Zeit freigelegt worden. Eine Brandschuttschicht deutete auf eine Zerstörung durch ein Feuer hin. Auffällig war eine hohe Zahl von Metallfunden, darunter viele Schlösser und Schlüssel. Um den Bau weiter zu erforschen, wurde ein Schnitt angelegt, der den Suchschnitt nach Osten erweitert. Hier war es möglich, zwei aneinander angrenzende und miteinander verbundene Räume fast vollständig freizulegen. Erneut sind dabei mehr große Mengen Eisenobjekte geborgen worden, darunter Werkzeug bzw. Werkzeugfragmente. Im westlichen Raum, der partiell bereits 2015 ausgegraben worden war, konnte zudem eine Esse identifiziert werden, in der noch große Mengen Holzkohle lagen. Damit steht fest, dass es der Bau als eine Schmiede diente. Bei der Mehrzahl der Eisenobjekte handelt es sich entweder um Alteisen, das wieder eingeschmolzen werden sollte, oder um neu geschmiedete Objekte. Mit der Schmiede zu verbinden sind wahrscheinlich auch zahlreiche Schmiedeschlacken, die aus der Verfüllung der Kirche weiter unten am Hang geborgen wurden. Im sich östlich anschließenden Raum wurden ebenfalls zahlreiche Metallteile und andere Kleinfunde geborgen. Eine mächtige Schicht verstürzter Mauersteine und die große Zahl von Objekten, die über den Fußboden verstreut waren, deutet in beiden Räumen auf eine Zerstörung des gesamten Baus durch ein Erdbeben im 7. Jh. n. Chr. hin.
Grabungen auf dem östlichen Plateau des Keber Tepe
Der Keber Tepe bildet nach Osten ein flaches Plateau aus, das die größte ebene Fläche im Stadtgebiet darstellt. Hier waren während der Kampagnen 2017 und 2018 Teile einer Badeanlage der römischen Kaiserzeit freigelegt worden. Ziel der Arbeiten des Jahres 2019 war es vor allem den Raum mit Schwimmbecken vollständig freizulegen, um eine bessere Vorstellung von der Nutzung dieses relativ gut erhaltenen Befundes und seiner Zerstörung zu gewinnen. Innerhalb eines relativ großen Schnittes wurden sowohl das Schwimmbecken als auch der umlaufende Korridor bis auf die nordwestliche Ecke ausgegraben. Der Fußboden des Korridors ist weitgehend zerstört, Reste des Mosaiks sind nur im Norden erhalten. Durch Steinraub sind alle aufgehenden Mauern, aber auch ein Großteil der Fundamente verloren. Noch gut erhalten ist jedoch die Ziegelmauer, die das 25 m2 großen Schwimmbecken umschließt. Der Zugang erfolgte über Stufen von Norden. Über ein Leitungssystem konnte das Wasser nach Süden abgeleitet werden. In der Verfüllung des Beckens wurden erneut zahlreiche Fragmente von Bauteilen entdeckt, die eine Datierung des Baus in das 2. Jh. n. Chr. nahelegen.
Ein weiterer Schnitt diente dazu, den Süden der Themenanlage weiter zu erforschen. Über weite Teile der Schnittfläche wurde eine teilweise stark zerstörte Bettung aus Zement angetroffen, auf einst ein nur partiell erhaltenes Ziegelpflaster auflag, das Hypokausten trug. Damit bestätigt sich, dass die Warmbaderäume im Süden lagen. Insgesamt lässt sich sagen, dass die Anlage sich mit ihrem symmetrischen Aufbau an römischen Vorbildern orientierte. Die Mosaikausstattung und die Bauornamentik datieren das Bad in das 2./3. Jh. n. Chr. Im Laufe des 4. und 5. Jh. n. Chr. wurde die gesamte Anlage systematisch geplündert, um Baumaterial zu gewinnen. Selbst die Fundamente der Mauern wurden weitgehend ausgeraubt, so dass der Bau nur noch im Negativ erhalten ist. Eine spätere Nutzung des Areals lässt sich bislang nicht nachweisen.
Östlich der Badeanlage waren 2017 in umgelagerten Schichten ca. 1400 Siegelabdrücke der hellenistischen und römischen Epoche geborgen. Damit zeichnete sich ab, dass sich hier das Archive der Stadt befand. Von der Bebauung in diesem Bereich waren jedoch nur Reste von Fundamenten aus großformatigen Quadern erhalten. Hier wurde ein neuer Schnitt in Richtung Osten angelegt. Es bot sich ein ähnliches Bild wie im benachbarten Areal. Raubgrabungen haben massive Zerstörungen angerichtet, die lediglich die unterste Lage mächtiger Fundamente verschont haben. Trotzdem war es möglich, aus den Füllschichten erneut ca. 1400 Siegelabdrücke zu bergen, von denen viele mit offiziellen Siegeln gestempelt sind. Aufgrund der Konzentration der Funde auf geringem Raum kann kaum noch bezweifelt werden, dass sich das Archiv unmittelbar in diesem Bereich befand. Die Auswertung der Siegelabdrücke verspricht wichtige Hinweise auf die Nutzungszeit und die Funktion des Archivs zu geben. Zudem können die Siegelmotive Aufschluss über die religiöse und kulturelle Umwelt der Stadt geben.