Zwischen Juli und September 2014 hat ein Team aus über 60 internationalen Mitarbeitern unter der Leitung der Forschungsstelle die Forschungen im Heiligtum des Iuppiter Dolichenus in Doliche fortgesetzt. Möglich war dies in erster Linie dank der Unterstützung durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft DFG, die Zirve Universität, Gaziantep, die türkische Antikenverwaltung und die Stadtverwaltung von Sehitkamil, Gaziantep.
Die Grabungsarbeiten konzentrierten sich auf das mittlere Zentralplateau, wo sich das Zentrum des eisenzeitlichen und römischen Heiligtums befand, sowie auf das Vorplateau, den Vorplatz des Heiligtums, auf dem in nachantiker Zeit das Kloster des Hl. Salomon gegründet wurde.
Im Nordwesten des mittleren Zentralplateaus war zwischen 2006 und 2013 ein ca. 1000 qm großer Bereich freigelegt worden. Hier konnten erneut bedeutende Reste eisenzeitlicher, hellenistischer und römischer Bebauung freigelegt werden.
Freigelegt wurde die Nordwestecke der späteisenzeitlichen Umfassungsmauer. Dabei sind auch parallel laufende Fundamentmauern hellenistisch-römischer Zeit entdeckt worden, die sich mit den entsprechenden Befunden in den angrenzenden Schnitten verbinden lassen. Sie sind Teil der Umgestaltungen des Heiligtums seit dem 2. Jh. v. Chr.
Im Westen des Zentralplateaus ist es gelungen, einen Zugang zum Zentrum des Heiligtums anzuschneiden. Vom mit Basaltplatten gepflasterten Platz betrat man über eine Schwelle einen mit unregelmäßigen Kalksteinplatten bedeckten, offenbar überdachten Bereich, von dem aus eine Rampe oder Treppe zum Innersten des Heiligtums führte.
Allerdings zeigte sich auch, dass im Bereich des Zentralplateaus große Teile der neu angelegten Grabungsfläche durch neuzeitliche Gruben gestört waren. Ungestörte Bodenbefunde wurden daher kaum angetroffen. Lediglich unmittelbar über dem Fels sind an manchen Stellen Reste späteisenzeitlicher Schichten mit erneut zahlreichen Kleinfunden zu fassen. 2014 sind insgesamt 50 Stempel- und Rollsiegel entdeckt worden. Die Gesamtzahl der Siegel vom Dülük Baba Tepesi beträgt damit 660.
Erstmals seit 2003 wurden Flächen im Osten des Zentralplateaus und am Übergang von Zentral- zum Vorplateau untersucht. Dort ist der höchste Punkt des Gipfels, der Bodenauftrag ist entsprechend gering. Allerdings konnten in den umgelagerten Füllschichten wichtige Einzelfunde geborgen werden, etwa eine eisenzeitliche Stierfigurine aus Bronze oder eine byzantinische Gürtelschnalle des 7. Jh. n. Chr.
Nach Südosten, wo der anstehende Fels abfällt, waren dagegen Reste mittelalterlicher Bebauung erhalten. Dort ist ein rechteckiger Raum zu fassen, der hauptsächlich aus Spolien errichtet wurde und wohl Teil eines größeren Gebäudekomplexes ist. Der Bau sitzt auf dem Fels, der stufig abgearbeitet ist. Diese Abarbeitungen sind mit der Anlage des römischen Heiligtums zu verbinden.
Um die Frage nach der Begrenzung des Heiligtums nach Süden zu klären, wurde ein Schnitt in der Böschung, die das Zentralplateau nach Süden abschließt, angelegt. Dort wurde eine von Osten nach Westen verlaufende Mauer aus Kalksteinquadern freigelegt, gegen die eine weitere, von Norden nach Süden laufende Mauer stößt. Offenbar handelt es sich um einen Abschnitt der Temenosmauer. Für die Kenntnis des römischen Heiligtums ist dieses Ergebnis von großer Bedeutung.
Wie bereits in den letzten Jahren bildete der durch umfangreiche nachantike Bebauung geprägte Vorplatz des Heiligtums auf dem Vorplateau einen Arbeitsschwerpunkt. Dabei konzentrierten sich die Grabungsaktivitäten auf dessen nordöstlichen und südöstlichen Bereich, wo zum einen das byzantinische Kloster des Heiligen Salomon, zum anderen der Zugang und die Ummauerung des römischen Heiligtums im Fokus standen.
Im Norden steht die römische Temenosmauer noch bis zu drei Lagen hoch aufrecht. Sie ist auf der Nordseite des Platzes insgesamt auf einer Länge von 37 m nachgewiesen. Die Füllschichten am nördlichen Mauerfuß enthielten zahlreiches Keramikmaterial des 1. Jh. v. Chr. – 1. Jh. n. Chr., darunter viele Feinwaren.
An die Temenosmauer schließt sich nach Süden eine sorgfältig gelegte Pflasterung aus Kalksteinplatten an, die ebenfalls römerzeitlich datiert. Da es sich um eine Innenraumpflasterung handelt, ist eine Hallenarchitektur zu rekonstruieren, die sich an die Temenosmauer anlehnte. Darauf deuten auch Funde von dorischen Kapitellen und Gebälkteilen in diesem Bereich. Auf dem Pflaster wurden seit frühbyzantinischer Zeit Räume des Klosters gesetzt. Ihre Mauern sind sorgfältig aus lagigen Bruchsteinmauern errichtet. In unregelmäßigen Abständen sind große Spolien als Stützen eingebaut. Eine dieser Stützen war eine römerzeitliche Basaltstele, die das qualitätvolle Relief eines Vegetationsgottes zeigt. Die rätselhafte Darstellung ist bislang einmalig.
Eine mächtige, westöstlich verlaufende Bruchsteinmauer schließt den frühbyzantinischen Baukomplex nach Süden ab. Nach Süden schließen sich verschiedene Räume an, die aufgrund der abweichenden Niveaus von Fußböden und Fundamenten zu verschiedenen Bau- und Nutzungsphasen gehören müssen.
Fortgesetzt wurden auch die Grabungen an der Freitreppe, die den Zugang zum Heiligtum bildet. Es gelang, den oberen westlichen Abschnitt der südlichen Wangenmauer der dreiflügeligen Anlage freizulegen. Dabei zeigte sich auch, dass unterhalb der kaiserzeitlichen Toranlage ein älteres, verfülltes Bassin existiert, das teils in den Fels eingetieft, teils aufgemauert wurde. Es hat einen annähernd quadratischen Umriss mit einer Kantenlänge von wahrscheinlich ca. 6 m. Da es vom kaiserzeitlichen Plattenpflaster der Toranlage überdeckt wird, muss es bereits vor der Ausgestaltung des Vorplatzes existierte haben
Die Ausgrabung der Südostecke der Temenosmauer, deren unterste Lage im Vorjahr in Schnitt 09-19 entdeckt worden war, brachte einen rechteckigen Quaderbau ans Licht, dessen Mauern noch bis zu drei Lagen hoch erhalten. Der Bau hat eine Grundfläche von 4,78 m x 3,70 m. Es handelt sich wahrscheinlich um eine Eckbastion. Die Verfüllung deutet auf eine Entstehung im 1. Jh. n.Chr.